Verkehrte Welt, schöne Welt – neues von der großen Reise der Yavas Yavas
Ja, ja, ich weiß, so lange nicht geschrieben….. was ist da los? Eine türkische Freundin sagte zu mir: „Wolfgang, manchmal ist das Leben ganz schön stark“. Recht hat sie. Was habe ich für ein Glück, solch ein „starkes“ Leben führen zu können. Seit dreizehn Monaten bin ich jetzt unterwegs. Ich habe so tolle Plätze gesehen, so wunderbare Menschen getroffen. Die Yavas Yavas liegt (hoffentlich) fest und hurrikansicher in St. Lucia. Und ich? Ich mache gerade Urlaub zu Hause.
So wie viele von Reisen in ferne Länder, von Palmen, Meer und segeln träumen, so hatte ich den Wunsch dieses tolle Leben für eine Weile zu unterbrechen. So viele Eindrücke und Erlebnisse, die müssen sich erst einmal setzen. Und in der Karibik beginnt jetzt die Hurrikan-Saison. Zeit für eine Pause und Zeit für ein Resümee.
Ihr wisst, dass wir in Guadeloupe den Motor ausbauen mussten. Dem Ölverlust auf der Spur. Das Resultat war ein (fast) neuer Motor, ein großes Loch in der Bordkasse, und ein unverändert hoher Ölverbrauch. Wie blöd! Die gute Nachricht ist: Das Problem ist jetzt gefunden und gelöst. Wenn der Motor Öl braucht, muss es ja irgendwo hin. So weit, so logisch. Erste Möglichkeit: Unter dem Motor ist alles sauber. Da kann das Problem nicht liegen. Zweite Möglichkeit: Es gibt keinen schwarzen Rauch aus dem Auspuff. Zylinder und Kolbenringe sind neu und daran kann es auch nicht liegen. Dritte Möglichkeit: Bei einer Undichtigkeit im Ölkühler kann das Öl unverbrannt über das Kühlwasser austreten. Wieder nix. Das Kühlwasser war sauber und ohne Öl. Und jetzt? Alwin, der Mann mit den goldenen Mechanikerhänden aus St. Lucia hat per Ferndiagnose eine vierte – und die richtige – Möglichkeit gefunden. Die Dieseleinspritzpumpe! In dieser Hochdruckpumpe gab es einen Schaden und so ist immer wieder Öl über die Rücklaufleitung in meinen Dieseltank gelangt. Alwin hat die Pumpe ausgebaut, wir habe sie nach Florida! geschickt zur Reparatur und jetzt ist alles wieder gut.
Ja, warum schreibt der so viel über seinen Motor? Ich hatte ja versprochen, Euch mit auf meine Reise zu nehmen. Und solche Erlebnisse gehören nun mal auch zu einer langen Reise mit einer Segelyacht. Die Erfahrungen, die ich mit so hilfsbereiten Menschen bei der Lösung solcher Probleme gemacht haben, gehören zu denen, die ich nicht missen möchte. So wie die Nächte vor Anker mit diesem unglaublichen Sternenhimmel, die perfekten Segeltage im Passatwind, die guten Gespräche im Cockpit, das schnorcheln mit Schildkröten und Manta – Rochen….. all das macht mein „starkes“ Leben aus.
Guadeloupe ist französisch. Das bedeutet guter Wein und guten Käse und einfache Formalitäten beim Ein- und Ausklarieren. In irgendeiner Bar oder einem Kiosk steht ein Computer, ich fülle Crewliste und Schiffsdaten aus und der freundliche Wirt gibt mir ein abgestempeltes Formular. So einfach kann das sein. Es sei denn, ihr kommt auf den BVI’s an. Nach einem Nachttörn von St. Barth erreichen wir Virgin Gorda. Den Bitter End Yachtclub hat der Hurrikan Irma komplett vernichtet. Nach einem Schlaf- und Frühstücksstopp segeln wir nach Road Town auf der Hauptinsel Tortola. Per Telefon reserviere ich einen Liegeplatz in der Nähe von Zoll und Einreisebehörde. Bei 22 Knoten Seitenwind parken wir mit Glück, Geschick und Hilfe des Hafenmeisters in der Marina ein. Müde und nass von einem Regenschauer erfahren wir, dass wir nicht bleiben können. Die Behörden verbieten festzumachen bevor wir nicht einklariert haben. Also wieder raus aus der Box. Custom und Emigration Office ist im Fährterminal untergebracht. Keine Möglichkeit mit der Yacht anzulegen. Wir finden eine Muringboje und fahren mit dem Dingi durch hohe See zum Terminal. Klatschnass klettern wir eine schmierige Spundwand hoch. Wir erleben 2! Stunden personifizierte Inkompetenz, Unfreundlichkeit und Arroganz bis wir endlich unsere Stempel in den Pässen haben. Und den Platz in der Marina haben wir auch nicht mehr bekommen.
Wir verholen uns in die Nanny Cay Marina und dürfen erfahren, dass unser Behörden – Ärger nicht typisch für die BVI’s sind. Herzlicher Empfang, professioneller Service und eine, nach der Vernichtung durch Irma wieder engagiert und liebevoll aufgebaute Marina werden zu unserem Heimathafen in diesem Revier.
Immer noch sind die Schäden durch diesen extremen Sturm zu sehen. Wälder, in denen das Grün erst langsam an den entlaubten Baumstämmen wächst, Schiffswracks in den Buchten und zerstörte Häuser erinnern uns daran, welche Macht die Natur hat. Aber auch wie wunderschön sie sich zeigt. Wir klettern durch die bizarren Gesteinsformationen von „The Bath“, erleben eine Unterwasserwelt wie in einem Aquarium und genießen Rumpunsch und Painkiller zu diesen unglaublich kitschigen Sonnenuntergängen.
Der Weg nach Süden beschert uns zunächst 180 Meilen am Wind. Wir kreuzen gegen die Atlantikwelle bis nach St. Barth. Dann nochmal eine Nachtfahrt am Wind und wir erreichen Antigua. Zwischen all diesen Superyachten, die ich sonst nur aus Zeitschriften kenne, wirkt unsere Yavas Yavas wie ein Beiboot. Höhepunkt unseres Aufenthalts ist die legendäre Steelband – Party in den Shirley Heights. Hunderte Segler feiern bei Musik, Cocktails und Gegrilltem das Leben, den Sonnenuntergang über English Harbour und sich selbst.
Insel hüpfend über Guadeloupe, die bezaubernden Iles des Saintes, Domenica und Martinique erreichen die Yavas Yavas und ihre Crew den Endpunkt für diese Karibiksaison, Rodney Bay auf St. Lucia.
Viel gelernt und erfahren habe ich in meinen fünf karibischen Monaten. Je weiter wir im Norden unterwegs waren, um so „amerikanischer“ wurde das Leben. Die Preise hoch und die Qualität der Küche weniger. Die Region zwischen Guadeloupe und Grenada begeistert mich. Tropische Regenwälder und typische Karibikstrände mit Palmen, freundliche Menschen und ein akzeptables Preisniveau und dazu die günstigen Anreisemöglichkeiten zu den französischen Inseln über Paris. Dezember 2019 bis Mai 2020 wird die Yavas Yavas in diesem tollen Revier unterwegs sein. Und wenn Ihr möchtet mit Euch an Bord! Der Törnplan ist fertig und wenn Ihr mögt, schicke ich Euch den zu.
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