Alleine…
Alleine an Bord. Die letzte Crew ist gestern abgereist. Niemand spricht an Bord, niemand lacht, obwohl die Zeit nicht nach lachen ist, niemand stemmt sich mit crewstarker Fröhlichkeit gegen die Flut von schlechten Nachrichten. Keine Morgenmuffeligkeit, die mit einer Tasse Kaffee wie mit einem Schalter in gute Laune wechselt. Wenn hier einer guten Laune hat, dann bin ich das. Schlechte Laune kann ich auch. Es gibt nur eine Person an Bord die etwas tut – oder auch nicht. Das bin ich. Das macht das Leben einfach.
Liege sicher in der Marina Bas du Fort auf Guadeloupe. Hätte es schlechter treffen können. Andere Segler geistern über das Meer wie fliegende Holländer/Amerikaner/Finnen….. Die Inseln sind zu und es ist verboten sie anzulaufen.
Seit gestern habe ich einen neuen Freund. Er ist klein und dick und singt wunderschön. Ich habe ihn Pavarotti getauft. Pavarotti scheisst mir gelegentlich ins Cockpit. Sonst vertragen wir uns prima. Sind halt noch am Anfang unserer Beziehung. Wenn er mal ruhig hält, mache ich ein Foto.
Es entsteht im Hafen eine Gemeinschaft von gestrandeten Seglern. Finnen, Schweizer, Franzosen, Deutsche, die Sorgen sind international gleichmäßig verteilt. Wir unterstützen uns gegenseitig und rücken – bei allem Corona-gebotenen Abstand zusammen. Alleine sein ist gerade gut, einsam ist Scheisse.
Mein Telefon wird zum Körperteil, zu meiner Nabelschnur in die Welt. Wie ein 13-jähriger Teenager ist dieses kleine, technische Wunderwerk zu meinem ständigen Begleiter geworden. Auch diese Texte schreibe ich darauf. Meine Daumen werden immer gelenkiger. Überlege, was ich noch damit anfangen kann – mit den Daumen.
Listen. Ich lebe mit Listen. Die Heute-To-do-Liste, die Solange-ich-Zeit-dafür-habe-Liste, die Was-am-Boot-noch gemacht-werden-muss-Liste, die Wem-ich noch-schreiben-muss-Liste, die Wem-ich-noch-schreiben-will-Liste, die Was-kann-ich-jetzt-schon-tun-um-die Yacht-und-mich-sicher-nach-Hause-zu-bringen-Liste…… Und dann muss ich ja noch entscheiden, welche Liste gerade wichtig ist.
2 Schiffe weiter lebt ein nettes, französisches Ehepaar auf seiner Yacht. Isabella (toller Name!) hat eine Nähmaschine und mir angeboten, aus Stoff eine Schutzmaske zu nähen. Ich bin begeistert. Werde Euch das Werk zeigen, wenn es fertig ist…kann man ja mit Sicherheit brauchen!
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