Die Boot in Düsseldorf
Oder, wie Stephan Boden es formuliert: “Champions League unter den Bootsmessen.
Kleiner Rückblick:
Vor meinem ersten Mal segeln: Bootsmesse habe ich in der Tagesschau gesehen. Ist nur für reiche Schnösel.
Erste Segeljolle: Muss ich hin, muss ich unbedingt hin. Hier eine Schot gekauft, durch alle Hallen ohne Ziel gelaufen, lauter Sachen mitgenommen, die ich eigentlich nicht brauche.
Erstes kleines Kajütboot: 2 Tage Messe. In jedes Trailer Boot geklettert. Ich war der, der alle Boote gestreichelt hat.
Erste kleine Yacht: Wieder 2 Tage. Dehler- und Bavaria-Stand waren die Tempel meiner Träume. Ich war der nervige Schrecken aller Bootsverkäufer. In die Hallberg Rassy habe ich mich noch nicht getraut.
Erste seegängige Yacht, anspruchsvolle Reisen unternommen: 1 Tag Messe mit Hallenplan und Einkaufsliste. Andere Schiffe haben mich nicht mehr interessiert. Meins war sowieso das schönste.
45 ft. Yacht. Die ersten 50.000 Meilen im Kielwasser: Mal nach Düsseldorf, Freunde treffen.
Gleiche Yacht, über 100.000 Meilen gesegelt: Boot? Gibt’s die überhaupt noch.
Und jetzt? Ich bin wieder mal auf dem Weg zur Boot und freue mich auf 2 Tage einkaufen, Freunde treffen, Schiffe streicheln und mich erinnern.
Der Messebesuch beginnt ja schon immer zu Hause. Was ziehe ich an? Nochmal die alten Timberlands aus dem Keller geholt. Haben auch schon 2 Jahre Gartenarbeit hinter sich, aber nochmal geputzt weisen sie mich auf der Boot als erfahrenen Salzbuckel aus. Und dann standen sie vor mir, poliert, ausgeleuchtet und mit dem messeüblichen Maststummel versehen. Die Plastikgamaschen übergezogen, im Vorbeilaufen kurz das Rad angefasst und ab in das innere der Yacht. Der Geruch. Diese Mischung aus den letzten Ausdünstungen des Laminats, etwas frisch geschliffenes Teakholz und den Socken der anderen Bootsbesichtiger, die den Plastikschutz nicht über ihre dicken Winterschuhe bekommen haben. Diesen Geruch, eingefangen, konzentriert und als Deo verarbeitet würde einen festen Platz in Seglers Kulturbeutel einnehmen.
Einmal war ich am Vorabend meines Messebesuchs bei Freunden in Düsseldorf zum Abendessen eingeladen. Französische Zwiebelsuppe. Ein Genuss. Ich hätte daran denken müssen, welch Wirkung diese Köstlichkeit auf meinen Verdauungsapparat hat. Der erste Messe-Samstag. Zu Tausenden strömen die Wassersportler in die Hallen. Die damals frisch gegründete Firma HanseYachts präsentierte ihr erstes Boot, die Hanse 291 zu einem sensationellen Preis. Mit mir drängelten sich gewiss 15 Träumer in dem Messeboot. Ich denke, außer mir hatte keiner Zwiebelsuppe gegessen. Die Kontrolle des Schließmuskels hat auch Grenzen. Mir blieb nur noch meinen Nachbarn vorwurfsvoll anzuschauen und mit den anderen 14 das Boot schnellstens zu verlassen.
Wilfried Erdmann. Inspiration, Vorbild und für mich, einer der größten Sportler unserer Zeit. Er hatte wesentlichen Anteil daran, dass ich den Weg zum Segelsport gefunden habe. Beim Gang durch die Messehallen sah ich mein Idol am Delius-Klasing Stand. Vom Wunsch getrieben, ihm einmal persönlich meinen Dank dafür auszusprechen gehe ich auf ihn zu. Ich sagte ihm, dass er und seine Bücher für mich eine wesentliche Motivation waren mit dem segeln zu beginnen und dass ich ihm dafür sehr dankbar war. Mein Dank und Lob waren ihm sichtlich unangenehm. Und ich wollte auch das Gespräch nicht weiter fortsetzen. Wir haben dann beide gemerkt, dass alles gesagt ist. Ein kurzer Händedruck zum Abschied war genug.
Einmal bin ich aus Versehen in der Motorboot-Halle gelandet. Musste halt durch. Neue Bootsschuhe, dunkelblaue Hosen, Marken-Polohemden mit hochgestelltem Kragen und offen getragene, teure Uhren bildeten den Dresscode. Da kam ich mir mit meinen runtergelatschten Garten-Timberlands dann fehl am Platz vor.
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